Zum Tag der Nachhaltigkeit lud ich zum Tag der Offenen Tür in mein "Grünes Haus" ein. Mein Augenmerk war dabei auf Nähen und Handarbeiten gerichtet.Hier sind ein paar Einblicke:
Vor einigen Tagen entdeckte ich folgenden Spruch auf einer Einkaufstüte:
"Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein"
Da mir das Gedicht "Osterspaziergang" von Goethe sehr am Herzen liegt und es mir Jahr für Jahr große Freude macht, es zu Ostern zu lesen, zu hören oder selbst zu rezitieren, empfinde ich diesen Spruch geschmacklos, ja geradezu blasphemisch. Andererseits ist er aber auch genial, denn er bringt treffsicher zum Ausdruck, was das Menschsein heute, in unserer Gesellschaft, ausmacht:
In erster Linie ist der Mensch Konsument und die Preise regieren die Welt, nicht die Werte.
So kam mir die Idee zu einem Wettbewerb der blödesten Werbebotschaften.Früher gab es Sinnsprüche auf Sofakissen oder Wandbehängen, warum also nicht den Inhaber dieser Einzelhandelskette mal seinen eigenen Worten beschenken? Gestickt und verziert:
Von Vernunft befreit sind Große und Kleine
Durch der Werbung bunten, lockendem Blick;
Der Kaufrausch verheißt uns Hoffnungsglück.
Die Verweigere sind nun ganz alleine,
Ziehn sich ins Flohmarktmileu zurück.
Von dorther senden sie, fliehend, gar
ohnmächtige Worte aus heiserem Schlund,
vergebens über die gierige Schar.
Doch die Marktschreier schrein sich die Kehle wund,
Überall regt sich Lust und Begehren,
Alles soll sich mit Waren beleben.
Doch an Neuem fehlt's im Revier
So trimmt man das Alte auf Neu dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen,
Nach der Stadt zurückzusehen.
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Den verkaufsoffenen Sonntag hat jeder gern;
Sie feiern die Auferstehung des Herrn.
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus der rauschhaften Lust zu kaufen, zu kaufen,
kommen sie aus ihren Häusern gelaufen.
Aus dem Ruf der Werbung nach Mehr und Mehr,
zu entkommen endlich der geistiger Enge,
aus den Städten beleuchteter Nacht
Sind sie alle zur Kasse gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
durch die Straßen und Gassen zerschlägt;
Wie die Straß‘, in Breit und Länge
So manch fetten SUV bewegt,
Und bis zum Sinken überladen
entfernt sich dieser letzte Wagen.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns Werbeplakate an.
Ich höre schon der Stadt Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!
Der Anfang ist gemacht!
Das Dichten hat Spaß gemacht und brachte mir die neue Erkenntnis, dass Dichten und Sticken gut zusammenpassen.
Die alten Nähmaschinen sind natürlich auch gelaufen, es gab Gelegenheit, ein original indisches Gewand zu bewundern und insgesamt war es ein vergnüglicher Nachmittag.
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