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Pro&Contra Eigenintiative

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich hierüber eine Müllsammelaktion berichtet.Man kann diesen Artikel auch als Nachfolger zu "Straßenbegleitgrün" betrachten. Heute folgen einige, thematisch verwandte Gedanken zur Eigeninitiative:

Pro:

Manchmal frage ich mich, welche Teufelchen mich eigentlich reiten, wenn ich nicht widerstehen kann, etwas anzupflanzen oder ein paar seedballs zu verteilen. Manchmal halte ich die Tristesse nicht aus, zum Beispiel an manchen Schottergärten. Soll ich einen Umweg fahren, nur um die Häßlichkeit nicht ertragen zu müssen? Nein, in solch einem Fall sind ein paar Gras-oder Wildblumensamen genau das Richtige. Am besten eingerollt in kleine Seedballs, denn diese Form gewährleistet eine leichte Verteilung und gute Überlebenschancen.

Eine Patenschaft für ein kleines Stück Schulgelände habe ich übernommen, weil ich die Praxis des „Auf-Stock-Setzens“ unästhetisch finde und mir nicht einleuchtet, was daran gut sein soll, die ohnehin stetig schwindenden Lebensräume für unsere nichtmenschlichen Mitbewohner kurz vor der Brutzeit nochmal zu dezimieren.

An anderen Stellen ist eine Bepflanzung vor Ort am besten. Eine Freundin, sie wohnt mitten in der Stadt, hat in diesem Jahr vor ihrer Haustür zwei Baumscheiben bepflanzt und Blumensamen ausgesät. Voller Freude und Staunen konnte sie beobachten, wie selbst sonst eher grimmig und unfreundlich wirkende Nachbarn sich dem Zauber der von ihr geschaffenen anmutigen Augenweide nicht entziehen konnten. „Wissen Sie, wer das gepflanzt hat?“

„Ja, ich!“, antwortete sie lachend. Sie freute sich nicht nur über die rundum positiven Resonanzen, sondern auch darüber, dass tatsächlich weniger Müll da hingeworfen wurde, wo die Blumen blühten. „Schönheitsbarrieren“ nannte Friedensreich Hundertwasser solche Orte. Er wusste, warum wir sie so dringend brauchen. Sie schenken uns Glücksmomente, weil uns die Schönheit berührt, wir etwas Lebendigem begegnen, in Resonanz gehen, oder, wie Wolf Dieter Storl es so treffend formuliert: „Man kann auf einer Blumenwiese nicht einsam sein:“

Meine Freundin fühlt sich natürlich auch glücklich, weil sie das Wachsen und Gedeihen tagtäglich beobachtet und ihre Pflänzchen gehegt und gepflegt und gegossen hat.

Mir geht es ähnlich mit dem neuen von mir auserkorenen Ort, ein verlassenes Pflanzloch an einer tristen Eisenbahnbrücke in der Stadt. Ein Rankgitter zeugt von früher hier ansässigen Kletterpflanzen, ansonsten liegt jetzt viel Müll inmitten von Disteln. Meine Nachbarin hat neulich einen wilden Wein aus ihrem Balkonkasten ausgegraben, um ihn wegzuwerfen. Ich habe ihn mir schenken lassen und zusammen mit meiner Freundin dort an jene Brücke eingepflanzt. Nicht dass es viel Arbeit war, doch es war schön, es gemeinsam zu tun. Sie hat ein liebevoll gestaltetes Schild von der StadtverWALDung angebracht und nun freuen wir uns auf das Frühjahr und hoffen, dass der Wein dort gut anwächst. Mittlerweile habe ich, weil noch viel Platz ist, ein paar Kräuter dazu gepflanzt und bin längst noch nicht fertig mit der gesamten Gestaltung. Was sich für mich geändert hat, ist, dass ich jetzt immer voller Freude an dieser Stelle vorbeifahre. Ebenso geht es mir mit der Tankstelle, meiner ersten Pflanzstelle. Dort habe ich im Herbst nachgepflanzt und verdorrte Sträucher entfernt. Mit den Jahren wird es immer schöner. Angefangen hatte ich auch hier, weil mich der Anblick der nackten Betonkästen immer gestört hatte. Mittlerweile sind auch Pflanzen darin, die ich definitiv nicht gepflanzt habe- ist Pflanzlust etwa ansteckend, zieht sie Kreise?

Kreise ziehen:

eine Idee

fünfmal geteilt

aus einem Funken

fünf lokale Feuerwerke

Funkenwirkung

lokale Rodungen:

kleinräumige freie Flächen

der Boden noch warm von der Asche,

klar der Blick,

erhitzt noch vom eigenen Tun,

sehen wir nun

wie viel noch zu lichten ist

im Dschungel der industriellen Denkweise.

Doch wer weiß, was wachsen wird

auf unseren neu besetzten Feldern?

Eine Idee,

fünfmal geteilt,

kann ich schon jetzt

die Feuerwerke nicht mehr zählen.

Denn die Funken fliegen weiter und weiter

und solange wir bereit sind, das Feuer zu hüten,

werden wir Hoffnung und Kreativität bewahren.


Hat jemand ein Contra dagegenzusetzen?

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