„Herbst ist da, es ruhet die Zeit“, heißt es in einem alten englischen Lied. Das Leben wird ruhiger, „klagendes Lied wird still“. Deswegen mag den Herbst: Ich kann mir Zeit lassen, die
Sommerhitze, die Ernte und so vieles mehr ist vorüber, die Blätter schweben tänzelnd von den Bäumen. Die veränderten Farben bringen immer wieder neue Lichtspiele hervor. Die Sonne steht tiefer
„under the harvest moon“ . Das Abwerfen der Blätter ist ein sinnliches Schauspiel:
Sanft und anmutig fallen luftige, grüne Hüllen zu Boden, Gestalt
und Form rücken allmählich in den Wahrnehmungsbereich-es ist die Zeit des Schauens und Staunens.
Am Abend jedoch, wenn "Harvest Moon" hinter den Wolken verborgen ist, fange ich erst so recht an zu staunen, denn dann wird es richtig hell.
Vom östlichen Nachbarn scheinen die Scheinwerfer direkt in mein Wohnzimmer und blenden mich auf meinen sonst sehr gemütlichen Sofaplatz. Wende ich den Blick zum anderen Fenster, werde ich von dem
Scheinwerfer geblendet, der den Fußballplatz im Tal beleuchtet. Durch die Hanglage unseres Hauses ist es tatsächlich so, dass der Scheinwerfer mir nun genau gegenübersteht.
Die Nachbarn in südlicher Richtung nehmen ihre jährliche Tradition wieder auf, eine Lampe ins Fenster zu stellen. Vielleicht kennen sie diesen Brauch von den Seeleuten und wollen
Spätheimkehrenden den Weg weisen? Ich bin mir nicht sicher, ob das Leuchten der Fensterlampe wirklich stärker ist als das der Straßenlaternen. Die beleuchten die ganze Nacht über die
menschenleere Straße. Das Schulgelände ist auch wirklich super beleuchtet, natürlich auch die ganze Nacht lang. Ich nehme an, damit auch nachts das Schild gut lesbar ist, auf dem steht:
„Durchgang verboten“. Überall wird ja jetzt viel geredet von Energiesparen und so.Für den Frieden oder nur, um das Russland in die Knie zu zwingen. Genau habe ich das noch nicht verstanden. Hat
das eventuell auch etwas damit zu tun, dass Fulda den Titel „Sternenstadt“ trägt? Meine Nachbarn interpretieren offensichtlich den Titel "Sternenstadt" auch auf ihre eigene Weise und entzünden
allabendlich ihre Lichter.Obwohl, warum sind manche Lampen dann auch tagsüber angeschaltet? Ich versuche schon, zu verstehen und hin und wieder, Kontakt aufzunehmen.(siehe unten).Eigentlich
könnte es mir auch egal sein, doch ich fühle mich belästigt und bin obendrein besorgt wegen dem Insektensterben.Und ich verstehe wirklich nicht, warum jemand seinen Garten ausleuchten muss wie
seinerzeits die innerdeutschen Grenze,obwohl er weiß, dass ich mich durch ihn gestört fühle und die fatalen Auswirkungen der Lichtverschmutzung kennt.
Unserem Oberbürgermeister habe ich bereits zu seinem Amtsantritt die Bitte vorgetragen, die Straßenbeleuchtung zu ändern. Er hat mir auch geantwortet, das Tiefbauamt prüft den Sachverhalt! Und so vergeht Jahr für Jahr. Manchmal träume ich davon, eine Mauer zu errichten. Dann hätte ich endlich mal wieder Dunkelheit. Ich würde eine Kerze anzünden und mich an den Gestalten und Schatten erfreuen, die das kleine Kerzenlicht hervorzaubert. Kerzen habe ich ja genug, denn die konnte ich mir die ganzen Jahre sparen, hier im Hotspot der Sternenstadt.
PS: die nördliche Nachbarn leuchten übrigens auch mit.Da diese aber nur mein Badezimmer ausleuchten, habe ich sie nicht weiter erwähnt.
Hier ist mein Brief an meine Nachbarn vom 19.November 2021:
Sehr geehrte Familie......
Ich bin sehr froh, Sie stets als sehr freundliche, gesprächsbereite und entgegenkommende Nachbarn kennengelernt zu haben und erlaube mir deshalb, gerade, weil Sie so offen sind, eine Frage bzw eine Bitte. Anhand des beiliegendes Flyers können Sie bereits sehen, um was es geht- die Außenbeleuchtung. Natürlich kann ich verstehen, dass man sich an schöner Beleuchtung erfreuen kann, doch was ist mit der Beleuchtung, die Sie gar nicht sehen?
Ihr Licht im unteren Gartenbereich dürfte von Ihrer Wohnung aus nicht zu sehen sein, scheint aber in unsere Wohnung hinein. Das dies eine unangenehme Erscheinung ist, können Sie sicher nachvollziehen. Ich frage mich auch, warum diese Beleuchtung auch tagsüber brennen muss. Es ist aber nicht nur die Belästigung, die von Ihrem Licht ausgeht, es gibt ja auch die Aspekte des Insektensterbens. Angesichts des dramatischen Rückgangs um circa 75 Prozent in den letzten Jahren sollte man endlich mal darüber nachdenken, wie hier gegengesteuert werden kann.
Denn, was dieser Rückgang in letzter Konsequenz bedeutet, ist ja allgemein bekannt. Mein Mann und ich gestalten unseren Garten naturnah, dazu gehören nach unserem Verständnis auch die Vermeidung von Lichtemmissionen.
Nun ist es einfach kontraproduktiv und absurd, wenn wir Lebensräume für Insekten schaffen, die dann nebenan von Strahlern angelockt und getötet werden.Dieser Punkt ist mir sehr wichtig, neben dem der Belästigung.
Ich wäre Ihnen deshalb sehr dankbar, wenn Sie sich dazu entschließen könnten, die Lichtemmissionen deutlich zu verringern.
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